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8/20/2009

Auch mein Garten soll schöner werden! Teil 2

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Auch mein Garten soll schöner werden!

Teil 2






From: uruguaylife@yahoo.com
To: cl.just@xxxxx.de
Sat, 20 Dec 2008 16:28:15 +0200 (CEST)



Liebe Claudia!

Das Dilemma, in dem du mit der Verschönerung deines Gartens steckst, ist fatal, aber für Gartenfreunde üblich. Es wird dich kaum trösten, wenn ich dir verrate, dass ich in den deutschen Gartenjahren ebenso diesen Verführern selten widerstehen konnte und Sommer- sowie Herbstzeiten erleben musste, in denen nach einigen Jahren in den jeweiligen Freiluftsalons mehrfach Zwangsausdünnung erforderlich wurden. 

Von Bildern kennst du ja das derzeitig baumlose Brachland rund um mein jetziges Wohnhaus, welches sich großspurig als Garten bezeichnet. Du kannst dir sicher vorstellen, wie schmerzlich ich inzwischen die zahlreichen und mit Pflege- und Pflanzhinweisen versehenen Gartenkataloge vermisse.

Natürlich gibt es einschlägige und standortbezogene Periodika, die das Herz eines Gartenliebhabers mit Abbildungen apfelgrüner Rasenflächen, üppig blühenden und grünen Stauden, dichter Hecken und Schatten spendendem Gehölz höher schlagen lassen. Mir bleibt es aber ein Rätsel, wo diese Aufnahmen entstanden sind.

Sand, nichts als Sand präsentiert sich als Untergrund. Darauf liegt eine knochentrockene und maximal 6 cm hohe Schicht Mutterboden. Ja, wie soll denn darauf etwas wachsen und gedeihen? Entsprechend war auch der erste Versuch einer Rasensaat eine strapaziöse Fehlaktion. Das bisschen Mutterboden mit den zarten Rasensamen ist trotz ausreichender Bewässerung durch Wind und Sonne schollenartig auseinander gebrochen und übrig blieben dürftige Krautbüschel und strohig trockene Wildkrautplacken.

Aber ich lasse mich durch derartige Nebensächlichkeiten nicht entmutigen, sondern habe schon einen gut durchdachten Plan, wie ich trotz hyperaktiver Hunde und programmierter Sommerdürre dennoch zu einer immergrünen Ganzjahrespracht gelange.

Dieses setzt natürlich – wie auch bei dir – einen erneuten Kräfte zehrenden körperlichen Einsatz voraus. Musst du dich beeilen, die anstehenden Arbeiten noch vor dem Frost zu erledigen, muss ich mich spurten, die vielen, vielen Quadratmeter vor der heißen Sommerzeit von Hand zu pflügen und zu ebenen.

Die Vollendung wird aber nicht der Moment sein, ab dem ich ein entspanntes Dasein auf der ergonomisch geformten und dick bepolsterten Relaxbestuhlung genießen darf. Selbst auf einem Bolzplatz oder an den Außenrändern der zahlreichen Parkplätze wächst mehr Grün, als auf meinem Grundstück. Mein Auto wird noch das eine oder andere Mal als Lastenkarren für die bisher ungezählten, aber benötigten Ziergewächse herhalten müssen.

Gräser, Bambus und Palmen wachsen auch auf Sandboden gut. Auf Dünengras möchte ich allerdings verzichten. Es sieht doch schäbig aus, wenn ich dauerhaft mit Verbandsmaterial an den Händen umher laufe, nur weil zwischendurch auch Unwichtiges gejätet werden muss, aber dieses Gras sogar jede Tomate sauber und sekundenschnell halbiert, oder?

Und dann erst die vielen Säcke feinster Blumenerde, natürlich angereichert mit biologischem Dung, die entsprechend des Bedarfs geschultert werden wollen.

Nun könnte ich es mir ja einfach machen, indem ich einen Gärtner beauftrage, dekadent diese Arbeiten delegiere, um nur hin und wieder mit einem spitzen Zeigefinger auf die Pflanzflecken zu deuten. Aber du weißt, dass mir diese Variante nicht liegt. Vor der optischen Pracht meiner Bemühungen möchte ich meine ursprünglich 206 Knochen spüren.

Und dazu gehört leider nicht das Wälzen ungezählter Gartenkataloge, dafür aber das Stöbern in Gärtnereien, schweißtreibende Grabearbeiten, der Transport des Pflanzgutes sowie auch die Platzierung der vielen großen und höchst schweren und im Land hergestellten Zementtröge, die der Auflockerung der Erdbepflanzung dienen.

Warum es allerdings in Uruguay nur vereinzelt die einfachen roten Tontöpfe gibt, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben. Nicht nur, dass sie gestapelt und dekorativ platziert, einen netten Anblick bieten. Selbst für Sämlinge bleibt fast ausschließlich die Improvisation mittels durchtrennter und am Boden gelochter Plastikflaschen. Alternativ gibt es gewöhnungsbedürftige Plastiksäckchen in unterschiedlichen Größen, die schwarzfolig den üblichen Blumentopf ersetzen sollen. Das frustriert ungemein. Sie sind weder standfest, noch speichern sie das Wasser. Selbst Zimmerpflanzen fristen ihr Dasein in Plastikbottichen. Jeder halbwegs ökologisch orientierte Förster in Deutschland bekommt zwanghaft Tränensäcke, wenn er sieht, wie hier die Bildung ordentlicher Pfahlwurzeln verhindert wird.

Tiffany F. Roosevelt Heaven – wie gern würde ich wieder einmal vor der üblichen Pflanz- und Anzuchtzeit die gebrauchten und bemooste Tontöpfe mit einer Wurzelbürste im großen Zuber reinigen, um schwarz-grün gesprenkelt das backsteinrote und fast bakterienfreie Reinlichkeitsergebnis bestaunen zu können.

Nun war ich noch nie ein Liebhaber bunten Zierrats im Garten und Rehlein, Zugwägelchen, Gartenzwerge bei der Arbeit oder in stiller Andacht konnten mich weder in Töpferausführung noch als Plastikguss zum Kauf animieren. Möglicherweise liegt es daran, dass ich bisher nie einen großrahmigen und englisch geadelten Kaminsims zur Platzierung dieser Figuren hatte und mir die deutschstämmige und seit 1872 klassische Manufakturvariante als Gesprächspartner nicht zusagt. Auch die Nachbildung der Gräfin Roda möchte ich nicht zwingend täglich grüßen müssen.

Dennoch gibt es in Uruguay das Brauchtum der Gartenzwergkolonien und mitunter benisten diese Bonsai-Völker nicht nur die Gärten, sondern werden auch – frisch oder abgelagert importiert – von spezialisierten Kleinunternehmern zum Kauf feilgeboten.

Erinnerst du dich noch an den liebevoll eleganten Garten von Tante Hilde, in dem dekorativ in den unterteilten Freilufträumen nicht nur das Efeu die wettergegerbten Putten überrankte, sondern auch die zahlreichen Verweilplätze zur Inanspruchnahme aller Sinne anregten? Schon der Nutzgartenbereich war eine Freude für sich. In Reih und Glied, mit einem Geodreieck ausgerichtet, standen Gemüse, Kräuter, Erdbeeren und Nassauerverjagungsblumen in den sauber geharkten Beeten und verströmten ihren sinnlichen, teils schweren Duft.

Aber ich schweife ab, liebe Claudia. Der Traum von eben diesen entdeckungsreichen Gartennischen vergoldet die Erinnerung an Vergangenes…

Frösche habe ich in meiner jetzigen Nichtoase dennoch. Wie sie sich allerdings in der Sanderde am Leben erhalten, ist wunderlich. Schon mehrfach habe ich einen solch staubigen „Erdklumpen“ fälschlicherweise und unsanft in die Schubkarre befördert, statt ihn vorsichtig auf ein Krautbüschel zu setzen. Allerdings ist jedoch die Ein- noch die Ausfuhr eben dieser grünen bis stark warzigen Gesellen nicht statthaft, so dass ich dir weder die Urmutter noch den Urvater künftiger Froschgenerationen schicken darf.

Kommenden Montag oder Dienstag werde ich mich der Schmückung der weihnachtlichen Eisenkonstruktion in Tannenform hingeben. Bis dahin müssen noch zahlreiche Muscheln und sonstiges Strandgut mit einem kleinen Loch und einem Aufhängefädchen versehen werden. Auf die himmlischen Bienenwachskerzen werde ich in diesem Jahr jedoch verzichten und auf profane Teelichter zurückgreifen. Zu traurig war es doch im letzten Jahr, dass die eigenhändig geschlagene Pinie nach zwei Tagen kahl auf der sommerlich heißen Terrasse stand und die Kerzen samt und sonders traurig ihren Kopf im 180º-Winkel nach unten geneigt hatten.

Vor allem: du glaubst gar nicht, wie unangenehm schmerzhaft trockene Piniennadeln in die Fußsohlen stechen können, sobald sie übellaunig sind.


Meine besten Grüße an deinen Schaffenswillen

Vintage

© VINTAGE


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